Das rein wissenschaftstheoretische Problem am Christentum

Naturwissenschaft und Glauben – solange die zwei Paar Stiefel voneinander getrennt bleiben, gewissermaßen als Aktivität in verschiedenen Gehirnregionen beobachtbar wären, gibt es eigentlich kein Problem. Naturwissenschaft behandelt die Frage „Wie funktioniert es?“ in der Natur (zu der auch das Gehirn und die menschliche Gesellschaft zählen), Religion behandelt die Frage „Was bedeutet es für uns Menschen?“. Naturwissenschaft wird nüchtern, pragmatisch, analysierend und problemlösend gedacht, Religion dagegen gefühlvoller, sinnstiftender, werteorientierter und menschlicher. Dass es das Phänomen naturwissenschaftlichen Denkens gibt ist, ist ebenso unzweifelhaft, wie es das Phänomen religiösen Denkens gibt, und schon von daher haben beide eine Existenzberechtigung. Am einfachsten lebt auch der Weise, der erkannt hat, dass jegliche Grübelei in Fragen der Religion vielleicht zum Scheitern oder zum Unglücklichsein führt, jedenfalls aber Zeitverschwendung ist, und man eben einfach religiös lebt und glaubt oder nicht, in Toleranz auch anderer Lebensformen.

Schade nur, dass sich das Christentum nicht so sehr an die Trennung der zwei Paar Stiefel halten will. Nicht so sehr in der zu Recht bewunderten Lehre Jesu als vielmehr in den Naturwundern, also in der Verwandlung von Wein in Wasser, der Jungfrauengeburt, der Vermehrung von Brot und Fischen, der Heilung von ernsthaft Kranken ohne adäquate Therapie oder der Auferweckung des Lazarus. Na gut, Ausschmückungen der damaligen Zeit, die die wesentliche Bedeutung von Jesus unterstreichen sollten, aber nicht wörtlich zu nehmen sind. Aber wie ist es mit der Auferstehung Jesu? Nach Paulus ist sie die wesentliche Grundlage des Christentums; ist sie erst mal entzogen, so sind die Christen einem ordentlichen Quatsch auf den Leim gegangen; ist sie aber wahr, wer könnte dann glücklicher sein, als ein Christ. Andererseits fordert die Auferstehung Jesu Zweifel geradezu heraus, indem sie eben den Bereich der Religion überschreitet und stattdessen in dem der Naturwissenschaft herumfuhrwerkt. Einem vernünftigen Menschen von heute, wenn nicht gar einem Naturwissenschaftler, ist sie so eher ein Dorn im Auge, eher ein unnötiger wackliger Tonfuß, auf dem die Religion gar nicht zu stehen braucht, da sie doch auch so schwebt, und ein Anlass ewigen Zweifelns und Grübelns. Geht das Reich Gottes wirklich nicht auch so, geht denn Christentum nicht auch ohne wiederbelebte Leiche mit Haut und Knochen? Kann man denn nicht in gedanklicher Ehrlichkeit Naturwissenschaftler sein (und den physischen Tod Tod sein lassen) und dennoch gleichzeitig christlich-religiös (und den Himmel im rein Religiösen, im Subjektiven sehen)?

Nun, der Weg zum Weisen ist schwer, das sind aber nicht seine Schritte. Einfach erkennen, dass man mit der Denkerei nicht weiterkommen wird, und sie bleiben lassen – und besser in der Naturwissenschaft ausleben.